In ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland zeigt Maria Thurn und Taxis zwischen 2020 und 2022 entstandene Collagen, Malereien sowie ein Video-Triptychon. Es sind surreale, geheimnisvolle, zuweilen auch unheimliche Mischwesen, welche die in Regensburg geborene und aktuell in London lebende Künstlerin in ihren Arbeiten kreiert. Dazu bedient sie sich vornehmlich der Collagetechnik: Sie zerschneidet Quellenmaterial unterschiedlicher Herkunft und setzt die so entstandenen Versatzstücke anschließend zu neuen, ungewöhnlichen Kompositionen zusammen. In den von ihr erschaffenen Bildwelten treffen etwa Abbildungen aus pflanzenkundlichen Überblickswerken auf Darstellungen indigener Riten, Ausschnitte von Ballettpositionen verbinden sich mit Pilzkulturen, Bilder altgriechischer Keramik fungieren als Behältnis südamerikanischer Botanik. Manchmal hat sich die Künstlerin sogar den Umweg über die Abbildung gespart und bei Spaziergängen gepflückte Blumen und gesammelte Blätter kurzerhand direkt in ihre Bildkompositionen eingesetzt.
In und um die collagierten Bildpartien webt Thurn und Taxis zuweilen gemalte Bestandteile ein. Manchmal hebt sie so einzelne Collagepartien besonders hervor; meist tritt Malerei in diesen Bildern aber in Form von satten, von Spontanität und Selbstbewusstsein zeugenden Farbflecken in Erscheinung. So lassen die Collagen der Künstlerin unweigerlich an den Leitsatz der Surrealisten von Comte de Lautréamont (1846-1879) denken, der in seinen Les Chants de Maldoror „Schönheit als die zufällige Begegnung einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Operationstisch“ definiert. Denn diese gemalten Partien rufen ebenfalls ein im Surrealismus prominentes Verfahren auf: das automatische Schreiben bzw. Zeichnen.
Entsprechend der von ihr bei den Papierarbeiten favorisierten Technik entstehen auch Thurn und Taxis‘ Videoarbeiten: Aus bereits existierenden Filmen unterschiedlicher Herkunft und Machart – Filmklassiker, Spielfilme oder Cartoons – schneidet sie einzelne Teile heraus und fügt sie anschließend durch Montagetechnik neu zusammen. Anodynes, der Titel ihres in der Kebbel Villa gezeigten Video-Triptychon, zitiert eine heute veraltete und nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung für ein schmerzstillendes Mittel oder Narkotikum.
Maria Thurn und Taxis (*1980 in Regensburg, lebt in London) studierte Filmtheorie an der American University of Paris und Kunst am Camberwell College of Art sowie am Chelsea College of Art and Design der University of the Arts London. 2010 schloss sie ihren MA in Freier Kunst an der City and Guilds of London Art School ab. Ihre Arbeiten wurden international in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt, u.a. in „Pars pro toto“ (mit Jörg Buttgereit), Art Berlin, Flughafen Tempelhof (2019), „Hypnagogia“, Siegfried Contemporary, London (2019), „Mademoiselle“, Centre régional d’Art Contemporain Occitanie, Sète (2018), „Gewölke am Abend“, Traklhaus, Salzburg (Einzelausstellung 2017), „Waywards“, Ebensperger, Berlin (2016), und „Shape Shifters (Cambia Formas)“, Galeria Slyzmud, Buenos Aires (2014).